Die Enstehungsgeschichte unseres Pfadfinderstammes. |
Nachdem unser früherer Seelsorger, der hochwürdige Pfarrer E. Urth, im Frühjahr 1991 krankheitshalber unsere Pfarrei verlassen hatte, oblag es nun seinem Amtsbruder Fränz Müller, die Pfarrei Dalheim mitzuübernehmen. Neben den Pfarreien Ellingen, Elvingen und Wellenstein hatte dieser nun, über Nacht, viele neue Pfarrkinder seelsorgerisch zu betreuen. Mit dem Kennenlernen der neuen Pfarrkinder und des lokalen Vereinslebens verging ein erstes Jahr. Ausser der JAC in Filsdorf hatte Fränz Müller keine Vereinsstruktur vorgefunden, die ausschliesslich Kindern und Jugendlichen vorbehalten war. Im Frühjahr 1992 erschütterte ein grausiges Gewaltverbrechen die Gemeinde Dalheim. Ein paar Jugendliche hatten, um ein paar Tausend Franken zu erbeuten, einen älteren , alleinstehenden Mann mit Messerstichen ermordet. Durch diese unsägliche Bluttat war mit einem Schlag das Leben der jugendlichen Täter verpfuscht. Fränz Müller, in dessen seelsorglichem Wirkenskreis das Verbrechen geschehen war, wurde von der bohrenden Frage bewegt, ob das Verbrechen einfach als Fatalität anzusehen sei, oder ob nicht vielmehr ein Mangel an sinnvoller Freizeitgestaltung die jugendlichen Täter auf die schiefe Bahn gebracht hatte. So fasste der Gedanke in Ihm Fuss, eine Struktur zu schaffen, die Kindern und Jugendlichen sinnvolle Freizeitbeschäftigungen bieten könnte. Dass sich dieser, noch zu definierende Verein, an der Frohbotschaft von Jesus Christus ausrichten sollte, dürfte nicht weiter verwundern. Dabei sollte er offen sein für die Jugend aus allen seinen Pfarreien, neu für die Region sein und ausserdem attraktiv genug um die Kinder und Jugendlichen anzusprechen. Um dazu nicht Strukturen, Regeln und Prozeduren neu erfinden zu müssen, sollte es am Besten eine Idde sein, die an anderer Stelle bereits ihre Tauglichkeit erwiesen hatte. Was lag also näher, als die Gründung eines katholischen Pfadfinderstammes? So weit so gut, aber zu einem funktionnierenden Pfadfinderstamm gehören Leiter, Kinder, ein Versammlungslokal, Einfälle und Material. Es gab und gibt zwar hierzulande einen Pfadfinderverband, der als Dachorganisation, nach den international vereinbarten Grundsätzen , die Stämme in Luxemburg begleitet und überwacht, aber dieser Verband kann nicht auf „ frei verfügbare“ Leiter zurückgreifen die man einfach nach Dalheim hätte bestellen können um dort einen neuen Stamm zu betreiben. Die dem Pfadfindertum zugrunde liegende Philosophie verlangt desweiteren, dass ein Stamm wie ein Zellverband aus sich selbst wächst und selbst Leiter hervorbringt, also quasi heranzüchtet. Der Pfadfinderverband war gerne bereit , Fränz Müller bei der Umsetzung seiner Vision mit Rat und didaktischem Material zu unterstützen, aber Leiter für den Stamm zu finden, das musste Fränz schon selbst in die Hand nehmen. Das tat dieser dann auch. Er brachte sein Anliegen im Gebet vor Gott und vertraute Ihm das Projekt „Scouten“ an. Daneben sondierte Fränz fleissig in seinem Bekanntenkreis um Interessenten für seine Idde zu gewinnen.. Nach dem Schulbeginn im Herbst 1992 , konfrontierte er seine Pfarrkinder in allen Hochämtern mit seinem Projekt einen regionalen Pfadfinderstamm zu gründen, und lud alle Interessierten für Freitag den 27ten November 1992 auf ein erstes Gespräch nach Ellingen in die alte Schule ein. Diese erste Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und Ideen auszutauschen, sorgte in manchen Familien für Unruhe und schlaflose Nächte. Zu dieser ersten Zusammenkunft in Sachen „ Scouten“ waren viele Leute erschienen die sich grösstenteils noch fremd waren, aber die alle mehr oder minder fasziniert waren von der Idee. Einige Offizielle vom Pfadfinderverband waren auch zugegen, und versorgten die zumeist pfadfinderisch unbescholtenen Zuhörer mit praxisnahen Erklärungen über die Anforderungen an die Leiter, die das Betreiben eines Pfadfinderstammes mitsichbringt. Durch eine glückliche Fügung war, neben den erwähnten Leuten ohne pfadfinderische Vergangenheit, auch ein Mann nach Ellingen gekommen, der mit Leib und Seele Pfadfinder ist, und der aus seiner Jugendzeit auf eine langjährige Erfahrung als Stammesleiter zurückblicken kann. Jean Langehegermann hatte Alles , was den anderen Interessenten fehlte: gute, praxisbewährte Ideen, eine tiefe Kenntnis von Wesen und Sinn der Pfadfinderei, eine tiefe, echte Religiosität und nicht zuletzt eine Scheune voll altem Pfadfindermaterial von Seilen über Gruppenzelte bis hin zu einer alten Lagerfahne. Fränz Müller konnte zum Abschluss jener denkwürdigen Zusammenkunft noch daraufhinweisen, dass er dem zugründenden Stamm den alten Pfarrsaal hinter dem Pfarrhaus in Dalheim als ständiges Versammlungslokal , als Home zu überlassen gedachte. Die Voraussetzungen erschienen also recht günstig. Am gleichen Abend noch machte sich Jean Langehegermann daran, die Daten und Anschriften der Leute aufzunehmen, die sich an einem weiteren Kontakt interessiert zeigten. Die nächsten Tage führte er viele Einzelgespräche um Gemeinsamkeiten zu entdecken und nächste Schritte und Termine abzusprechen mit denen die konkrete Gründung des Stammes vorangetrieben werden sollte. Es kristallisierten sich 13 Leute heraus, welche in den folgenden Wochen emsig die Köpfe zusammenstreckten um die angestrebte Vereinsgründung vorzubereiten. Nach langem Abwägen fand schliesslich Carlos Vorschlag, den Stamm nach dem heiligen Martin , zu benennen die nötige Zustimmung. Dieser frühchristliche Heilige ist bis heute besonders durch seine Mantelspende vor Amiens bekannt und vereehrt. Als Ritter der Barmhärzigkeit, haben wir Ihn zum Vorbild genommen, und unseren Stamm seinem Schutz und seiner Fürsprache anvertraut. Desweiteren fesselte uns folgende Vorstellung. Es ist geschichtlich erwiesen, dass Martin , als Bischof von Tours, 2 Mal nach Trier zum römischen Kaiser gereist ist. Und da eine Römerstrasse aus Frankreich kommend , an der bei Dalheim gelegenen Römersiedlung (Ricciacus) Etappe gemacht hat, ist es nicht auszuschliessen, dass der heilige Martin in dieser Siedlung Rast gemacht, gegessen und geschlafen hat. Wer weiss, villeicht gehört ja eine der zahllosen römischen Keramikscherben auf unseren Feldern zu einem Essgeschirr von dem unser Patron seinerzeit Gebrauch gemacht hat?. Wie dem auch sei, es wurde von nun an eifrig Vorarbeit geleistet, mehrere Leute waren bei den Leiterschulungen dabei, Jean Langehegermann durchlief alle nötigen Schulungen um die Stammesleiterzulassung zu erwerben, und so konnten 13 Gleichgesinnte, am Freitag dem 22ten Januar 1993 die Gründungsurkunde unterzeichnen. Der Pfadfinder-Stamm Sankt Martin war formal geschaffen und sogleich machten wir uns daran, uns in die jeweiligen Vereinsregister der Kommunen unseres Einzugsgebietes ( Dalheim, Mondorf , Burmeringen) eintragen zu lassen und bei den Gemeinden um finanzielle Unterstützung nachzusuchen damit wir unsere Tätigkeit aufnehmen konnten. Da lediglich die Gemeindeverwaltung von Dalheim dieser Bitte um eine Anschubfinanzierung Folge leistete, haben wir schliesslich Dalheim als unserere offizielle Heimatgemeinde zurückbehalten. Desweiteren ersuchten wir beim katholischen Pfadfinderverband (LS) um offizielle Aufnahme, und nach einer Stammesbesichtigung durch den damaligen Generalkommissar wurde dieser Bitte auch gerne stattgegeben. Es war beschlossen worden, am Samstag dem 6ten März 1993 um 14:30 ein erstes praktisches Stell-Dich-ein für die Kinder und Jugendlichen aus allen anvisierten Dörfern zu organisieren. Dieser erste Schnuppertreff war unter dem Thema „ Indianer“ geplant, und so wurde fleissig an dem nötigen Indianermaterial gewerkelt. Selbst ein fast lebensgrosser, mobiler Bison wurde als Zielscheibe hergerichtet, damit die kleinen Indianer ein möglichst echtes Ziel für die Jagd mit Pfeil und Bogen vorfinden sollten. Die Einladungen waren verteilt, das Material stand bereit, und die frisch erstandene Leiterrunde fieberte aufgeregt dem grossen Tag entgegen. Wieviele Kinder würden den Weg zu uns finden?. Die kühnsten Erwartungen waren übertroffen als wir am Abend des 6ten März 1993, auf unseren Mitgliedslisten , die Namen von annähernd 40 Wölflingspostulanten und 12 Kandidaten für die Stufe der 11 bis 14 Jährigen ( AVEX) eingetragen hatten. Um bei der Nutzung unseres Homes keine Reibereien zu riskieren war festgelegt worden, dass die Kleinen ihre Gruppentreffs Samstags nachmittags unter der Leitung von Josée Vandivinit abhalten sollen, während die Grösseren, unter der kundigen Obhut von Jean Langehegermann, Dienstags abends zusammenkommen sollten. Um allzugrosse Verwerfungen bei den Mitgliederzahlen der beiden Alterstufen abzufedern, wurden noch schnell ein paar ( eigentlich verfrühte) Transferts zu der Avexstufe eingefädelt, und schon waren wir für den Pfadfinderalltag gerüstet. Am Dienstag dem 16ten März 1993, stieg die erste reguläre Gruppenstunde der Avex-truppe, unser Pfadfinderstamm war Realität. |